Kampagne kriti­siert geheime Pläne der Bundes­re­gierung

Kauf von Tomahawk-Marsch­flug­körpern birgt enormes Eskala­ti­ons­po­tenzial

Die Kampagne „Friedens­fähig statt erstschlag­fähig. Für ein Europa ohne Mittel­stre­cken­waffen!“ reagiert mit scharfer Kritik auf die Nachricht, dass die Bundes­re­gierung US-Marsch­flug­körper größerer Reich­weite kaufen will.

Wie die US-Zeitung Politico berichtet, sieht ein internes Dokument der Bundes­re­gierung Anschaf­fungen für die Bundeswehr im Wert von enormen 377 Milli­arden Euro vor. Diese sollen über die kommenden Jahre umgesetzt werden. Ein Posten dieser Liste: 400 Marsch­flug­körper des Typs Tomahawk Block Vb sowie drei Typhon-Start­systeme. Ihr Kauf in den USA soll rund 1,37 Milli­arden Euro kosten.

Bereits im Sommer war bekannt geworden, dass Bundes­ver­tei­di­gungs­mi­nister Boris Pistorius Interesse an den fahrbaren Typhon-Start­rampen des US-Herstellers Lockheed Martin hat. Der Wunsch, eine so große Zahl an Tomahawk-Marsch­flug­körpern zu beschaffen, wurde hingegen mit dem Bericht über das geheime Dokument nun erstmals öffentlich.

Tomahawks haben eine Reich­weite von deutlich über 1.600 km. Die unbemannten Marsch­flug­körper sind sehr manövrier­fähig und können extrem niedrig fliegen.

„Dadurch bleiben sie wortwörtlich ‚unter dem Radar‘“, erläutert Thomas Carl Schwoerer, Bundes­sprecher der Deutschen Friedens­ge­sell­schaft – Verei­nigte Kriegs­dienst­geg­ne­rInnen und Sprecher der Kampagne „Friedens­fähig statt erstschlag­fähig“. „Das birgt ein enormes Eskala­ti­ons­po­tenzial, denn Deutschland wäre damit theore­tisch in der Lage, überra­schend strate­gische Ziele wie Militär­flug­plätze, Raketen­silos und Flugab­wehr­systeme im Westen Russlands anzugreifen.“

„Die Anschaffung landge­stützter Mittel­stre­cken­waffen macht Deutschland nicht sicherer, sondern wirkt im Gegenteil stark desta­bi­li­sierend. Die extrem kurze Vorwarnzeit der schwer zu ortenden Tomahawks wird zu einer immer größeren Alarm­be­reit­schaft in Ost und West führen. Das erhöht die Gefahr von Fehlwar­nungen oder Fehlein­schät­zungen; im schlimmsten Fall könnte es einen Angriff auf Deutschland zur Folge haben“, sagt Simon Bödecker, Referent bei Ohne Rüstung Leben und Sprecher der Kampagne.

Mit dem Kauf von weitrei­chenden landge­stützten Marsch­flug­körpern steigt Deutschland in ein Wettrüsten ein, das zwischen den USA und Russland bereits im vollen Gange ist: Moskau hat noch für 2025 die Statio­nierung von Oreschnik-Raketen in Belarus angekündigt. Außerdem werden sowohl in den USA als auch in Russland weitere Systeme mit Reich­weiten zwischen 500 und 5.500 Kilometer entwi­ckelt. Diese Waffen­ka­te­gorie war ehemals durch den 2019 aufge­kün­digten INF-Vertrag verboten.

„Das Wettrüsten mit desta­bi­li­sie­renden Mittel­stre­cken­waffen in Europa ist enorm riskant und gefährlich. Der INF-Vertrag unter­sagte die Statio­nierung aus guten Gründen. Wir fordern die Bundes­re­gierung auf, keine Mittel­stre­cken­waffen zu kaufen! Das Ziel muss ein INF-Folge­ab­kommen sein und keine Schaffung eigener Erstschlag­fä­hig­keiten“, betont Angelika Wilmen, IPPNW-Friedens­re­fe­rentin und Sprecherin der Kampagne. In der zivil­ge­sell­schaft­lichen Kampagne „Friedens­fähig statt erstschlag­fähig“ setzen sich mehr als 55 Organi­sa­tionen und Gruppen für ein Europa ohne Mittel­stre­cken­waffen ein.

Weitere Infor­ma­tionen zur Kampagne finden Sie unter: https://friedensfaehig.de

 

Presse­mit­teilung der vom Aktions­bündnis getra­genen Kampagne “Friedens­fähig statt erstschlag­fähig. Für ein Europa ohne Mittel­stre­cken­waffen!” vom 28. Oktober 2025.