(Atomare) Zeitenwende bei den Grünen?

Blogbeitrag zur BDK 2022 der Grünen in Bonn
Blogbeitrag zur BDK 2022 der Grünen in Bonn

In meinem Studium und alltäglichen Leben habe ich eher wenig Berührungspunkte mit der Tagespolitik der Partei Die Grünen. Von daher war ich sehr gespannt, was mich genau an dem Wochenende vom 14. bis 16. Oktober 2022 erwarten würde, als die Grünen ihre 48. BDK in Bonn abhielten, besonders was die einzelnen Abläufe eines solchen „Events“ betrifft und auch, welche Antworten die Grünen auf die aktuellsten Fragestellungen geben wollen.

Die BDK begann für mich jedoch erst einmal mit Vorbereitungen. Gemeinsam mit dem Team der Friedenskooperative bezogen wir gegen Freitagmittag unseren Stand im Untergeschoss des Word Conference Center (WCCB) in Bonn- dem Standort besagter BDK. Was mich dabei gleich überraschte, waren die übrigen Aussteller. Von privaten Versicherern, über die Deutsche Bahn bis hin zum Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft war so ziemlich alles vertreten. Neben dem Netzwerk Friedenskooperative als Vertreter der Friedensbewegung und Teil der Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ war leider nur „Sea Eye“ (https://sea-eye.org/ ) als weitere zivilgesellschaftliche Initiative mit dabei. Nachdem der Stand aufgebaut und eingedeckt war mit diversen Flyern und Informationen zu verschiedensten Themen und Kampagnen, wie Informationen zum russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, das Vorgehen der Bundeswehr, auch unter 18-Jährige zu rekrutieren, lag der Fokus unseres Standes besonders auf Auskünften zu einer atomwaffenfreien Welt. Mit dabei war ebenfalls wieder ein überlebensgroßer Aufsteller von Außenministerin Annalena Baerbock, wie sie den von Deutschland unterzeichneten und ratifizierten Atomwaffenverbotsvertrag (AVV, englisch TPNW) hält. Dieser Aufsteller war auch schon in bei der ersten AVV-Staatenkonferenz in Wien dabei und sorgte für großes Interesse und Erheiterung. 

Die BDK begann für mich jedoch erst einmal mit Vorbereitungen. Gemeinsam mit dem Team der Friedenskooperative bezogen wir gegen Freitagmittag unseren Stand im Untergeschoss des Word Conference Center (WCCB) in Bonn- dem Standort besagter BDK. Was mich dabei gleich überraschte, waren die übrigen Aussteller. Von privaten Versicherern, über die Deutsche Bahn bis hin zum Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft war so ziemlich alles vertreten. Neben dem Netzwerk Friedenskooperative als Vertreter der Friedensbewegung und Teil der Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ war leider nur „Sea Eye“ (https://sea-eye.org/ ) als weitere zivilgesellschaftliche Initiative mit dabei. Nachdem der Stand aufgebaut und eingedeckt war mit diversen Flyern und Informationen zu verschiedensten Themen und Kampagnen, wie Informationen zum russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, das Vorgehen der Bundeswehr, auch unter 18-Jährige zu rekrutieren, lag der Fokus unseres Standes besonders auf Auskünften zu einer atomwaffenfreien Welt. Mit dabei war ebenfalls wieder ein überlebensgroßer Aufsteller von Außenministerin Annalena Baerbock, wie sie den von Deutschland unterzeichneten und ratifizierten Atomwaffenverbotsvertrag (AVV, englisch TPNW) hält. Dieser Aufsteller war auch schon in bei der ersten AVV-Staatenkonferenz in Wien dabei und sorgte für großes Interesse und Erheiterung.

Nach dem Aufbau besagter Elemente ging dann auf dem Vorplatz des WCCB unsere  Aktion los. Zusammen mit verschiedenen Friedensorganisationen (u.a. DFG-VK, IPPNW, ICAN, Greenpeace, Fridays for Future, Netzwerk Friedenskooperative) realisierten wir draußen vor dem Eingang des Konferenzzentrums eine Protestaktion gegen die aktuelle Politik der Grünen, die weder die Präsenz von US-amerikanischen Atomwaffen auf deutschem Boden verurteilen, noch auf die derzeitige Gefahr eines Atomwaffenunfalls-/ kriegs angesichts des russischen Angriffskriegs hinweisen. Ziel der Aktion war es, die Delegierten der Grünen zu einer symbolischen Unterschrift des Atomwaffenvertrags zu bewegen und ihnen dann eine Sonnenblume zu überreichen.

Aus der Sicht der ICAN-Praktikantin Janina war die Aktion ein voller Erfolg und hat zu vielen Gesprächen geführt. „Es ist so wichtig, dass ihr hier seid!“, ist wohl der Satz, der am prägendsten und schönsten zu hören war. Nach dem Aufbau des Atomwaffenverbotsvertrags, dem Aufstellen der Atombombenmodells und dem Präparieren der Flyer, die auf die Anträge hinwiesen, welche sich für eine klare Positionierung in Fragen der nuklearen Abrüstung einsetzten,, ging es daran, Menschen anzusprechen. Mit Flyern und Stickern ausgestattet sprachen wir mit vielen Delegierten, die sich zum Teil freudestrahlend bereiterklärten, den Vertrag symbolisch zu unterzeichnen. Enttäuschend zu sehen war es jedoch, dass die Anträge, für die wir warben und die die Schließung des Fliegerhorstes Büchel betrafen, mit erschreckend großer Mehrheit abgelehnt wurden.

Was mich besonders überraschte, war die zumindest im Tagungszentrum festgestellte Altersschere. Die älteren Delegierten, die an unseren Stand kamen und nur allzu bereitwillig beispielsweise die Petition zur Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrags unterschrieben, äußerten sich zum Teil sehr kritisch angesichts des neuen Kurses der Grünen. Ein Vertreter der „Grünen Alten“ meinte beispielsweise, dass er europäische Lösungen angesichts des Ukraine-Kriegs bevorzugen würde statt Alleingänge wie den der deutschen Regierung mit ihrem „100 Milliarden“- Rüstungspaket, was er als „riesigen Quatsch“ bezeichnete. Auch ein Delegierter aus Bayern fand Scholz‘ Entscheidung aus dem Mai, der Bundeswehr 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, zu überstürzt und „salopp“ getroffen. Auch angesichts weiterer Entscheidung der Bundesregierung, wie etwa Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien zuzulassen, fragt er sich, wie diese Entscheidungen überhaupt zustande gekommen sind und wie sie von einem von Grünen geführten Wirtschafts- und Außenministerium und einem von der SPD geführten Verteidigungsministerium getragen werden konnten.

Wenn ich mich sonst in der Halle umgehört habe, waren es vor allem die „jüngeren“ Grünen-Delegierten, die Annalena Baerbock ihre Unterstützung signalisierten. So konnte ich, als ich gerade in der Schlange für einen Kaffee bei einem der zahlreich vorhandenen Messeständen anstand, hören, wie die Delegierten hinter mir von Annalena Baerbock und ihrem „realistischen“ Politikkurs schwärmten und sich beide männlichen Delegierten sogar als „Annalena“- Fans outeten, vor allem auch angesichts der von ihr ausgerufenen „feministischen Außenpolitik“. Inwieweit Waffenlieferungen an die Ukraine und Exporte an kriegstreibende Länder wirklich etwas mit „Feminismus“ zu tun haben, muss am Ende des Tages wohl dann doch jeder selbst beantworten.

Was jedoch sicher ist, ist dass Deutschland auch mit Annalena Baerbock immer noch nicht den Atomwaffenverbotsvertrag unterschrieben hat, der 2017 von verschiedenen Arbeitsgruppen der Vereinten Nationen ausgehandelt wurde und der die Entwicklung, Produktion, Lagerung, Stationierung, Drohung und den Test, Erwerb, Transport und Einsatz von Kernwaffen verbietet Bis heute haben bereits 91 atomwaffenfreie Staaten den AVV unterzeichnet, 68 davon haben ihn auch schon ratifiziert.
Auch verschiedene Anträge, die auf dem Parteitag bezüglich beispielsweise der Lagerung von amerikanischen Atomwaffen in Büchel und aktuell Nörvenich gestellt wurden, wurden schlussendlich abgeschwächt, in dem sie in andere Anträge integriert wurden. Der Beschluss FS12, der unter dem Titel „Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der Zeitenwende“ gleichsam die großen sicherheitspolitischen Themen der Zeit abhandeln will, beinhaltet beispielsweise nur die vage Formulierung, „Unsere Bemühungen zur Stärkung von Initiativen zur atomaren Abrüstung und zur Rüstungskontrolle müssen wir gerade in diesen stürmischen Zeiten erhöhen. In unserem Streben nach einer Welt ohne Atomwaffen werden wir nicht nachlassen.“ (https://antraege.gruene.de/48bdk/wertegeleitet-multilateral-handlungsfahig-grune-friedens-und-siche-33565).

Auch die angesprochenen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien konnte Annalena Baerbock wenn auch nicht legitimieren, so zumindest für ihre Anhänger*innen rechtfertigen: die vorausgegangene Große Koalition hätte diese mit weiteren europäischen Partner*innen beschlossen und so müsse die jetzige Regierungen den sich daraus ergebenen Vertragsverpflichtungen nachkommen.

Mein Fazit zum Grünenparteitag: Ernüchterung. Einerseits bin ich sehr dankbar für die Erfahrung, andererseits blieben meine dringendsten Fragen unbeantwortet. Antworten auf steigende Lebensmittel- und Graspreise wurden kaum gefunden, genauso wenig konkrete Antworten auf den russischen Angriffskrieg. Stattdessen wurde die Wiederinbetriebnahme mehrerer AKWs beschlossen, Waffenlieferungen an autoritäre Regime wurden gerechtfertigt, sowie weitere militärische Unterstützung für die Ukraine. Wohlwissend, dass dies zivile Lösungen aus dem Fokus geraten lässt und Millionen Menschen, sowohl auf ukrainischer als auch auf russischer Seite ins anhaltende Leiden stürzt. All dies wurde unter dem Applaus einer, zum Teil, euphorisierten Mehrheit an Delegierten beschlossen. Wohler fühlte mich also eher draußen auf dem Vorplatz, wo ein buntgemischtes Potpourri an Menschen seine Unmut gegen diese neue Art der grünen Politikführung kundtat.

Bilder von der Bundesdelegiertenkonferenz, u.a. vom Stand der Friedenskooperative können hier  eingesehen werden.

Text: Sophie Kuczewski (Praktikantin beim Netzwerk Friedenskooperative, Oktober bis Dezember 2022, www.friedenskooperative.de ) in Zusammenarbeit mit Janina Rüther (Praktikantin bei ICAN, September bis Oktober 2022, www.icanw.de)


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